Embrace Equity – Unsere Gedanken zum Internationalen Frauentag

Wenn Sie uns schon länger begleiten, wissen Sie vermutlich, wer hinter dem Unternehmen steckt. Für unsere neuen Interessent*innen, möchten wir einen kleinen Exkurs machen: INA KENT ist ein frauengeführtes Unternehmen und wurde 2007 von der gleichnamigen Autodidaktin Ina Kent gegründet. Sie führte das Unternehmen mit ihrem Team im Alleingang, bis Barbara Goldschmidt 2019 als COO einstieg – ihr unterliegt unter anderem die Verantwortung von vierzehn Mitarbeiterinnen, all female.

Was es also bedeutet, eine Frau zu sein, beschäftigt uns somit naturgemäß auf ganz individueller Ebene wie auch als Unternehmen. Traditionell nehmen wir uns den Internationalen Frauentag, dessen Bezeichnung "feministischer Kampftag" vielleicht für einige von uns überzeichnet klingt, zum Anlass, um kollektiv über das Frausein zu reflektieren und – soweit es uns als Unternehmen obliegt und gelingen kann – auf Diskriminierung und Bias aufmerksam zu machen. Besonders versuchen wir auch ins rechte Licht zu rücken, dass Frau sein in anderen Teilen der Welt tatsächlich einem täglichen Kampf gleichkommt.

2023 dreht sich das offizielle IWD-Kampagnenthema um Chancengerechtigkeit, im Wortlaut #EmbraceEquity. Dass es sich bei Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit um verschiedene verantwortungsethische Dimensionen handelt, die nicht so einfach zu erfassen und effektuieren sind, hat sich uns bei näherer Auseinandersetzung und Austausch erst so richtig erschlossen.

Unser Team birgt altersdemographisch einige Unterschiede, dementsprechend unterscheiden sich unsere Ängste und Herausforderungen, die wir als Frauen individuell wahrnehmen sowie die Vorstellungen davon, wie eine chancengerechte Zukunft aussehen kann. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Sexismus, Gender-Data-Gap u. v. m. sind jedoch Herausforderungen bzw. Formen der Diskriminierung, mit welchen wir uns alle konfrontiert sehen. Im Weiteren fragen wir uns, wie viele politische Versuche, gesellschaftliche Appelle und strukturelle Veränderungen es braucht, um endlich Strukturen zu schaffen, die zu einem chancengerechten und menschlichen Miteinander führen können:

"Gegenwärtig werden Catcalling-Verhaltensweisen in meinem Freundeskreis häufig thematisiert. Ich hab das Gefühl, dass es vielen Männern nicht bewusst ist, wie schlimm dieses Verhalten ist und was sie bei Frauen dabei auslösen können – es ist nicht nur ein Belästigungserlebnis, sondern führt so weit, dass ich und meine Freundinnen teilweise nicht mehr alleine den Heimweg antreten, weil wir Angst haben. Es muss in diesem Zusammenhang noch viel Sensibilisierungs- und Aufklärungsarbeit stattfinden."

INA KENT-Team

"Ich bin in einer Generation aufgewachsen, in der Themen wie Seximus oder Diskriminierung Frauen gegenüber anders wahrgenommen wurden. Feststeht aber, dass Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch immer nicht dort ist, wo sie sein sollte. Die Pensionsfalle Teilzeitarbeit trifft nach wie vor primär Frauen. Hier ist die Politik gefordert, endlich Rahmenbedingungen zu schaffen, die es Müttern wie Vätern erlauben, für Kind und Job da zu sein. Equity ist dagegen auch eine Chance für die Wirtschaft: Führungskräfte wie Mitarbeitende sind gefordert, das zu geben, was notwendig ist, damit sich alle bestmöglich einbringen können."

INA KENT-Team

"Wenn man die Entwicklung der Stellung der Frau in Österreich über die letzten 150 Jahre betrachtet, einen Blick in die Gegenwart wirft und ihre Position innerhalb von familiären Strukturen, Gesellschaft und Arbeitsplatz reflektiert, wird man erkennen, dass es großen Nachholbedarf gibt. Manchmal hat man den Einruck, man stecke mit einem Bein im 19. und mit dem anderem im 20. Jahrhundert fest. Wir haben aber das Jahr 23 im 21. Jahrhundert. Mit der Care-Arbeit könnte man beginnen: Jede Frau in Österreich sollte, sobald sie Mutter wird, ein Einkommen beziehen. Kindererziehung bzw. -Betreuung sollten nicht nur ins Pensionskonto einzahlen, sondern wie Lohnarbeit abgegolten werden. "

INA KENT-Team

"Jedesmal, wenn mich ein Freund fragt, ob er mich nachts noch ein Stück begleiten oder nach Hause bringen solle, wird mir bewusst, dass ich nicht mit ihnen auf Augenhöhe bin ... und fühle mich wie ein Kleinkind ... auch, wenn es nur nett gemeint ist. Ich würde mir einfach wünschen, dass ALLE Menschen – vor allem Männer – endlich verstehen, dass Gleichberechtigung (in allen Aspekten) nichts Negatives und auch keinerlei Gefahr für ihre Existenz bedeutet."

INA KENT-Team

"Als Jus-Studentin ist mir die Zukunft der Bildung im Kontext von Chancengerechtigkeit besonders wichtig. Erst 2019 feierte die Universität Wien „100 Jahre Jus-Studium für Frauen“, was äußerst erfreulich ist, da Frauen sehr lange der Zugang zu den rechts- und staatswissenschaftlichen Studien nicht gewährt wurde. Im Studienprogramm finden sich mittlerweile vermehrt Vorlesungen und Übungen, die auf Chancengerechtigkeit abzielen und junge Erwachsene über das Thema sehr gut informieren. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass es Luft nach oben gibt und erhoffe mir für die Zukunft noch weitere Lehrveranstaltungen, die Frauen auf ihrem akademischen Weg inspirieren."

INA KENT-Team

"Jede Frau kennt es, aufgrund ihres Geschlechts Hürden in den Weg gelegt zu bekommen ... je nach Lebensrealität natürlich in unterschiedlicher Form und Ausmaß. Ich finde es wichtig, wirklich allen Frauen an diesem Tag eine Bühne zu geben – gerade im letzten Jahr ist die Akzeptanz und Sichtbarkeit der queere Szene gewachsen und auch das sollten wir an diesem Frauentag ehren. Mir persönlich liegt besonders am Herzen, dass es ein Ende haben muss, dass wir uns nicht auf selbstverständliche Art und Weise auf Augenhöhe begegnen. Damit einher geht, dass wir uns auf Heimwegen unwohl fühlen, uns Kompetenzen abgesprochen werden und es zur gesellschaftlichen Norm gehört, dass der weibliche Körper sexualisiert wird."

 

INA KENT-Team

"WIE ECHTE VERÄNDERUNG IN DIE TIEFEN STRUKTUREN EINES SYSTEMS BRINGEN? WIE FLURSCHÄDEN GERING HALTEN? WIE GLEICHSTELLEN, SOLANGE FRAUEN KINDER BEKOMMEN? AM EHESTEN VIELLEICHT DURCH UNAUFHÖRLICHE MASSNAHMENBEGLEITENDE THEMATISIERUNG UND JEDENFALLS DISKURS, WO IMMER ER MÖGLICH IST ... ALLEN VORAN IN OFFENEN GESELLSCHAFTEN. BESONDERS HIER MÜSSEN ÄLTERE SICH MIT NEUEN DENKANSÄTZEN AUSEINANDERSETZEN UND MITTELS IHRER ERFAHRUNGEN WEGE AUFZEIGEN. DIE JUNGEN SIND NICHT MEHR SO ZERRISSEN ZWISCHEN IHREM RECHT AUF DUMMHEIT UND NEUER MORAL, WIE NOCH IHRE ELTERN VOR 20 JAHREN. SIE WERDEN ES SEIN, DIE DIE NÄCHSTEN GROßEN SCHRITTE GEHEN, DIE WIR HIER GROßTEILS NUR THEORETISIEREN. DIE JUNGEN SIND ÜBERHAUPT VERMUTLICH DER WICHTIGSTE HEBEL, WENN ES DARUM GEHT, GROßE GESELLSCHAFTLICHE VERÄNDERUNGEN AUF DEN BODEN ZU BRINGEN. ES GILT WIEDER EINMAL: TEACH YOUR CHILDREN WELL."

INA KENT-Team

"Ich persönlich beschäftige mich sehr mit dem Thema Sexismus und Rollenverteilungen. In meiner Kultur ist es leider immer noch sehr verbreitet, Frauen und Männern gewissen Rollen zuzuteilen. Der Mann darf nie weinen, er muss immer stark sein und muss das Geld nach Hause bringen. Die Frau muss kochen, putzen, alle bedienen und sich um die Kinder kümmern, obwohl sie ebenfalls einen Job hat. Ich wünsche mir daher, dass wir weiter daran arbeiten, geschlechtsspezifische Rollenzuschreibungen zu durchbrechen, uns Verantwortungen zu teilen, ohne in Kritik zu stehen und komische Blicke zu ernten ... z. B. wenn der Mann für die Kinderbetreuung zu Hause bleibt."

INA KENT-Team

"Ich kann leider nicht verstehen, warum wir im Jahr 2023 noch immer so leben, als seien Cis-Männer allen anderen Individuen übergestellt. Wenn man den Gender-Pay-Gap beachtet, liegt Österreich deutlich über dem EU-Schnitt. Und ich frage mich auch, ob das so ist, weil zu wenige junge Leute darüber nachdenken. "Tradition" ... "Das war halt schon immer so." ... "Ich alleine kann daran sowieso nichts ändern." ... Sätze in diesem Wortlaut habe ich bezüglich des Gender-Pay-Gaps von Leuten in meinem Alter schon häufig gehört ... und das finde ich ehrlich gesagt absurd. Wir sind die Generation, die etwas ändern könnte. Es ist klar, dass junge Frauen das nicht alleine schaffen ... aber genau deshalb müssen wir zusammenhalten."

INA KENT-Team

"Ich finde, Frausein bringt schon a priori so viele Ungerechtigkeiten mit sich. Wenn man mich fragt, welche Möglichkeiten existieren, diese Ungerechtigkeiten zu kompensieren, weiß ich eigentlich gar nicht, wo ich anfangen und aufhören soll, zumal auch global so viele Ungerechtigkeiten existieren. Um hierzulande bzw. in Mitteleuropa nachhaltig Veränderung in zu schaffen, muss man vermutlich bei der Chancengerechtigkeit im (elementaren) Bildungswesen ansetzen und inklusive, transformative Bildungsarbeit leisten. Das würde z. B. flächendeckende Kinderbetreuungsmaßnahmen sowie offene Ganztagsschulen und einen freien Zugang zu Bildung für alle bedeuten."

INA KENT-Team

Damit Gleichberechtigung & Chancengerechtigkeit nicht nur leere Worthülsen bleiben, sondern gelebte und geteilte Realität werden, braucht es Solidarität untereinander und einen kämpferischen, intersektionalen Zusammenschluss. Aktuelle globale Krisen bergen – zumindest in der Theorie – das Potential, ein kollektives Bewusstsein für gemeinsame Betroffenheiten und Interessen zu schaffen und dadurch neue, kreative Prozesse & Veränderungen der gesellschaftlichen Wahrnehmung in Gang zu setzen. Dieses Potential zu nützen, bedeutet für mich, das Bemühen und Ermutigen um solidarische inklusiv-feministische Bündnisse, die Schulter an Schulter ihre Forderungen vertreten & Rechte einfordern: Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, sichere Abtreibungen, eine gerechte Verteilung der Care-Arbeit (mit Garantien für kostenlose Ganztags-Betreuungsplätze), die Entkriminalisierung von Sexarbeit, das Recht auf Schutz vor Gewalt, Diskriminierung & Unterdrückung, sowie das Recht auf gleiches Geld für gleiche Arbeit. Für ein besseres, selbstbestimmtes Leben für alle, jenseits von einengenden Geschlechterklischees und patriarchalen Vorstellungen hin zu einer solidarischen, inklusiv-feministischen Gesellschaft.

INA KENT-Team

"Abgesehen vom Gender-Pay-Gap, Karenzzeiten, Catcalling (...) beschäftigt mich vor allem der medizinische Aspekt – der Gender-Health-Gap. Medizinische Leitlinien, Medikamente und Forschungen orientieren sich vornehmlich an Männern. Das bedeutet natürlich einen gefährlichen Nachteil für Frauen. Dass in der Medizin nur der Mann als Mensch betrachtet wird, reicht bis weit in die Vergangenheit zurück ... und um dahingehend etwas zu verändern, braucht es einen Kultur- und Sinneswandel. Wir wachsen alle mit Geschlechterstereotypen auf ... daher ist es umso schwerer, diese Barrieren zu durchbrechen. Eine Veränderung kann nicht über Nacht stattfinden, aber jeder Einzelne ist in diesem Fall gefragt. Schließlich sollen unsere Kinder in einer Welt aufwachsen, in der diese Nachteile nicht mehr so zu spüren sind." 

INA KENT-Team

"Leider sehe ich immer noch, dass Frauen bei der Arbeitssuche in gewissen Sparten Schwierigkeiten haben, eine Stelle zu bekommen, welche ihrer Ausbildung und ihrem Know-How gerecht wird (vor allem in Führungspositionen). In meinem Freundeskreis sehe ich, dass Männer mit geringerem Ausbildungsgrad und weniger Arbeitserfahrung regelmäßig über Frauen mit höherem Ausbildungsgrad und mehr Arbeitserfahrung gestellt ... und auch bevorzugt eingestellt werden.
Woran das liegt? Wahrscheinlich an den Klischees, dass Männer bessere Führungskräfte wären oder Frauen zu emotional seien bzw. die "Gefahr" einer Karenzzeit besteht. Der Gender-Pay-Gap oder Motherhood Wage Gap etc. sollten im Jahr 2023 kein Thema mehr sein, doch erschreckenderweise sind wir noch lange nicht an einem Punkt angelangt, an dem Gleichberechtigung und Chancengerechtigkeit tatsächlich eine Norm darstellen. Um hier voranzukommen, braucht es ein drastisches Umdenken und Zusammenarbeiten aller Gender. Kämpft man gegeneinander, bewirkt man gar nichts. Nur Miteinander kann etwas vorangehen."
 

 

INA KENT-Team