Wir trafen wir die sympathische Schauspielerin, Festivalkuratorin, Autorin – und mittlerweile auch Musikerin – Ursula Strauss und begleiteten sie einen Nachmittag lang zu ihren Lieblingsplätzen. Vom INA KENT-Store, über das Café Weidinger bis hin zum Schwendermarkt. Im Gespräch erzählte uns die frisch gebackene Romy-Preisträgerin über die Herausforderungen ihres Berufs, wie sie INA KENT-Taschen lieb gewonnen hat und warum sie das Internet gerne abschaffen würde.
INA KENT meets Ursula Strauss
Abgesehen von der Schauspielerei, der Kuration von Kulturfestivals und dem Schreiben bzw. Mitverfassen eines Buches – befindet sich noch etwas auf Deiner Agenda?
Was ich sehr gerne mache und für mich auch noch eher neu ist, sind Musikabende mit Künstler*innen wie Bartolomey Bittmann und Ernst Molden. Wir haben sie im Februar in der Cselley Mühle eingespielt – total analog, mit Gitarre und zwei Stimmen, so richtig oldschool. Alle Lieder wurden von Anfang bis Ende durchgesungen, und wenn wir uns verspielt haben, mussten wir es einfach nochmal machen. Es war ein wirklich cooles Projekt. Ernst Molden ist ein lieber Freund von mir und ein richtiger Poet. Seine Texte haben Tiefe, Schönheit und teilweise eine Traurigkeit, aber durchaus auch Schmäh.
Und spielt Musik bzw. das Wienerlied eine große Rolle in Deinem Leben?
Musik schon. Weil Musik, glaube ich, bei jedem kreativen Menschen auch Teil des Lebens und des Alltags ist.
Kannst Du auch ohne Musik?
Ich vergesse manchmal auf Musik, weil ich zu viele andere Sachen im Kopf habe. Aber es gibt Phasen, wenn ich länger zu Hause bin und wieder in einen Alltag komme, wo ich koche und Sport mache und plötzlich merke, dass mir etwas richtig abgeht. Und dann denk‘ ich mir: „Ahja, es ist ja alles ganz still, ich brauche jetzt Musik!“ Bei mir verhält es sich mit der Musik genauso wie mit den Büchern – sie kommen immer mit der Ruhe. Im Urlaub oder eben in Phasen, in welchen ich mehr daheim bin und etwas Zeit habe. Ich glaube auch, dass Musik etwas ist, das man bewusst wahrnehmen muss. Zumindest merke ich, dass ich die Energie haben muss, um sie wahrzunehmen.
Du hast vorher erwähnt, dass Bücher in Deinem Leben einen Platz einnehmen. Gibt es eine Romanfigur mit der du Dich persönlich identifizieren kannst?
Nicht wirklich – ich will mir das lieber offenhalten. Ich bin in einem Beruf, der beinhaltet, dass man für vieles offen ist. Ich spüre nicht nur einen Charakter. Und ich spüre auch nicht mich selbst, sondern muss ganz viele verschiedene Gefühle aufnehmen. Darum habe ich da mehr Lust auf die Vielfalt.
Und gibt es auch keine*n bestimmte*n Regisseur*in, mit der*dem Du gerne arbeiten würdest?
Doch, beim Theater. Ich würde gerne mit Luk Perceval zusammenarbeiten – den finde ich toll und spannend. Aber auch da denke ich mir immer, dass es ganz wichtig ist, offen zu bleiben. Gerade in unserem Beruf, weil dieser sehr viel mit Menschen zu tun hat und eine gewisse Offenheit nötig ist, die man sich selbst, dem Beruf und auch dem Gegenüber erbringen muss. Ich versuche da eigentlich immer, mich nicht zu sehr mit Wünschen und Vorstellungen einzuschränken, weil ich dann vielleicht mein Leben lang daran denke, dass dieser oder jener Wunsch nicht in Erfüllung gegangen ist. Ich versuche, das Leben so zu nehmen, wie es kommt und mich auf das einzulassen, was es gerade bietet und manchmal auch Wege einzuschlagen, die mich interessieren. Oder überhaupt auf anderen Pfaden zu wandeln, die vielleicht von der Öffentlichkeit gar nicht wahrgenommen werden, aber für mich wahnsinnig interessant und wichtig sind. Was ich an meinem Beruf liebe, ist eben gerade diese Vielfalt. Dass man mit dem Publikum in Kontakt treten kann. Dass man seine Ausdrucksvariationen und Möglichkeiten erprobt und über das eigene Gewohnte ein bisschen rausschaut. Das finde ich faszinierend.
Hast Du einen Rat, den Du Newcomer*innen im Bereich Bühne / Schauspiel geben würdest?
Die Schauspielerei ist ein Job, bei dem es wenig Rezepte gibt. Einer der wichtigsten Punkte ist, sich selber treu zu bleiben und seinen Weg zu gehen und das, wenn möglich, möglichst angstfrei. Am Anfang war ich so konzentriert auf dieses „Woah! Wahnsinn! Ich bin in diesem Bereich, und ich kann das leben, was ich liebe“, und ich war total damit beschäftigt, mich in dieser Welt zu finden. Der Beruf ist schon auch unersättlich, wenn man ihn lässt, frisst er dich mit Haut und Haaren. Wenn man dann angekommen ist und alles ein bisschen selbstverständlicher wird, kann man beginnen, das größere Ganze wahrzunehmen, und das Denken und Schaffen geht über die eigene Person hinaus. Ich habe mich sehr stark nur über dieses Funktionieren in meiner eigenen Schale definiert: „Bin ich gut genug? Kann ich bestehen?“ Und im Laufe der Zeit bin ich immer angstfreier geworden und habe mich immer mehr dem zugewandt, was mich wirklich interessiert – nämlich der Kontakt zum Menschen, der Kontakt zu mir selber und was ich über die Figuren, über mich selber und über andere lernen kann. Ich habe begonnen, mich dafür zu interessieren, wie Szenen funktionieren – wie sind die Achsen, wie ist die Geographie einer Szene, wie ist der Rhythmus im Wort? Je weniger ich auf mich konzentriert war oder auf die Problematik, „kann ich es mir leisten oder nicht ... bin ich gut genug oder nicht?“ – desto mehr haben sich meine Sinne auch für die anderen Ebenen geöffnet und auch für eine gewisse Form von Gelassenheit. Die Schauspielerei ist ein sehr individualistischer Beruf. Ein Beruf, der voll ist von Liebe. In dem das Genaue sich Zuschauen und Zuhören Platz hat. In dem es um den Respekt vor dem Leben, vor den Menschen und ihren Geschichten geht. Je schneller man das begreift, dass man eigentlich nicht der Mittelpunkt ist, sondern das Gefäß, umso schneller kommt man zu sich selbst und einer gewissen Leichtigkeit. Man darf sich einfach selbst nicht so wichtig nehmen. Ich kann nur empfehlen, mutig seine Figur zu verteidigen, aber trotzdem für sich selber und die eigene Intuition offen zu bleiben. Auch offen zu bleiben für konstruktive Kritik und dabei zu versuchen, seinen Weg als Individuum in dieser Unterhaltungsbranche zu gehen. Unterhaltung ist alles ... ob sie einen intellektuell anrührt oder ob sie ans Herz geht. Das wird ja leider immer so ein bisschen belächelt ... die Unterhaltungsbranche wird immer unterteilt in einen intellektuellen Sektor und einen Unterhaltungssektor. Für mich bedeutet aber Unterhaltung, dass man mit einem Gegenüber in Kontakt steht. Und ob das jetzt während einer Komödie oder während eines Arthausfilms ist, spielt für mich nicht so eine große Rolle. Ich unterhalte mich mit meinem Gegenüber, mit meinen Kolleginnen und darüber hinaus auch mit dem Zuschauer und versuche quasi mit ihnen ins Gespräch zu kommen, eine Unterhaltung eben.
Wie verbringst Du am allerliebsten einen Tag, an dem Du absolut keine Verpflichtungen hast?
Es kommt darauf an, ob ich zu Hause bin oder im Urlaub. Wenn ich in einer anderen Stadt bin, würde ich den ganzen Tag durch die Stadt laufen, nachdem ich ausgeschlafen und gefrühstückt habe. Dann würde ich mich irgendwo hinsetzen und Kaffee trinken, anschließend wieder durch die Stadt spazieren und ins Museum gehen. Zu Hause würde ich laufen gehen, Sport machen, Yoga machen, Freunde treffen. Auch gutes Essen mag ich – ich würde entweder selber kochen oder mich irgendwo in ein Gasthaus setzen. Im Sommer würde ich schwimmen gehen oder auch im Garten arbeiten. Ich habe das Glück, einen Garten mein Eigen nennen zu dürfen, weil meine Eltern mir das Haus und den Garten vererbt haben ... und meine Mama mit mir dort noch lebt. Ich pendle also zwischen Stadt und Land. Das ist schon ein Geschenk, das mir meine Eltern gemacht haben, dafür bin ich sehr, sehr dankbar.
Welche Empfehlungen gibst Du einer Person, die 48 Stunden in Wien verbringt?
Ach, ich weiß gar nicht, ob sich das alles überhaupt ausgeht in nur 48 Stunden! Ich würde schon vor dem Frühstück durch die Stadt spazieren und mich einfach treiben lassen. Dann würde ich frühstücken gehen. Wahrscheinlich in so ein Café, wie das Café Westend oder das Café Sperl. Später würde ich mich in die Innenstadt aufmachen und vielleicht bei den Katakomben beginnen, mir jedenfalls aber auch die traditionsreichen Kaffeehäuser wie das Hawelka oder den Bräunerhof anschauen. Anschließend gehe ich in ein Wirtshaus essen, wahrscheinlich ins Immervoll [Gasthaus Pöschl] am Franziskanerplatz oder ins Steman in der Otto-Bauer-Gasse. Am Nachmittag würde ich entweder an die Donau oder zum Zentralfriedhof fahren – den muss man auch gesehen haben. Vielleicht gehe ich im Anschluss in eine Kinovorstellung ... ins Votiv- oder Admiralkino ... und nachher auf einen Kaffee und eine Mehlspeise. Im Kaffeehaus schaue ich, ob ich noch Theaterkarten für denselben Abend bekomme ... jedenfalls würde ich versuchen, mir Karten für das Burgtheater für den nächsten Abend zu checken. Spätnachmittags würde ich ein bisschen shoppen gehen – in der Kirchengasse, Neubaugasse und Lindengasse ... also dort, wo es kleinere Läden gibt. Abends würde ich, nach dem Theater, vielleicht noch in ein Konzert ins Porgy & Bess gehen. Und dann noch auf einen Cocktail. Das ist natürlich vollkommen wahnsinnig und viel zu viel für so kurze Zeit. Man muss einfach länger in Wien bleiben, damit sich auch noch das Donau oder Tanzcafé Jenseits ausgeht. Ah … und dann noch richtig spät bzw. früh essen – z. B. ins Mozartstüberl im 15. Bezirk – die haben bis 7 Uhr morgens warme Küche und ausgezeichnetes Essen.
Themenschwenk: Was ist Deines Erachtens die beste Entwicklung des 21. Jahrhunderts?
Die beste Entwicklung des 21. Jahrhunderts wäre endlich zu beginnen, unseren Planeten ernster zu nehmen und ihn besser zu schützen. Es ist mir absolut unverständlich, warum sich in der Klimapolitik so wenig tut. Es gibt ja schon lange genug ernste Warnsignale, aber irgendwie scheint das in den Köpfen der Mächtigen und Einflussreichen noch nicht angekommen zu sein. Wahrscheinlich, weil sich damit nicht genug Geld verdienen lässt.
Gibt es irgendetwas, das Du gerne aus dieser Welt verbannen würdest?
Wenn ich ganz ehrlich bin, dann wäre es das Internet. Wenn ich mich zurückerinnere, dann merke ich, dass es mir früher zumindest nicht gefehlt hat. Und ich muss wahrscheinlich an dieser Stelle gar nicht erst sagen, dass es einen Haufen Probleme mit sich bringt, die überhaupt nicht mehr in den Griff zu bekommen sind. Das kapitalistische System ist durch das Internet fast unbesiegbar geworden. Und es bringt so viele Dinge mit sich, die einfach nur anstrengend sind, wie die sozialen Medien. Andererseits ist es natürlich so, dass der Mensch nach Weiterentwicklung strebt und sich ständig nach etwas sehnt, das stärker, größer, besser und neuer ist. Die Neugierde des Menschen ist ja eine fantastische Sache und sie hat uns schon weit gebracht. Diese Weiterentwicklungen bringen uns aber auch in eine Situation, der wir langsam nicht mehr Herr sind. Es ist auch wirklich für die ältere Generation schwierig mit diesen technologischen Entwicklungen umzugehen. Was machen die Menschen, die keine Familie haben, keine Jüngeren, die ihnen im Umgang mit der Technologie behilflich sind? Zum Beispiel die Banken, es machen so viele Filialen zu, denn es ist natürlich viel bequemer und auch einfacher, wenn ein Computer zum Beispiel ein Kreditansuchen ablehnt. Es gibt immer weniger Ansprechpartner, alles wird telefonisch geregelt ... oder eben im Internet. Mit dieser Entpersonalisierung umzugehen ist nicht einfach. Ob das eine gute Entwicklung ist, wage ich zu bezweifeln.
Du und INA KENT-Taschen – gibt es da eine Verbindung?
Dazu gibt es eine Verbindung! Ich habe vor ungefähr genau zehn Jahren am Set eines Nikolaus Leytner Films eine INA KENT Tasche bei unserer Kostümbildnerin gesehen und sie gefragt, woher sie diese tolle Tasche habe. Einen Tag später habe ich die nächste Frau beim Film mit dieser Tasche gesehen. Und innerhalb kürzester Zeit hatten viele Frauen, die beim Film in der Garderobe, Kostüm oder Maske arbeiten, eine INA KENT Tasche. Vom System und Design der Tasche begeistert, habe ich mir relativ bald selber eine gekauft. Danach habe ich meine Nichten mit INA KENT Taschen ausgestattet und bin so zur regelmäßigen INA KENT-Taschen-Einkäuferin geworden. Ich war auch ganz traurig, als die erste kaputtgegangen ist ... die ist allerdings nur deshalb kaputtgegangen, weil der Lederriemen gerissen ist. Inzwischen habe ich den aber tauschen lassen. Ich liebe das Leder, ich liebe die Farben und liebe das Konzept, dass man sie so vielseitig verwenden kann. Sie sind einfach sehr gut verarbeitet, und es ist auch ein haptisches Vergnügen. Die Taschen haben außerdem ein wahnsinnig großes Fassungsvermögen – man bringt viel mehr rein, als man denkt. Sie dürfen auch einfach altern. Das mag ich auch so gerne, die werden nie uncool, auch wenn sie ein paar Gebrauchsspuren aufweisen.
Wenn Du ausgehst, ist Deine Tasche dann so gepackt, dass Du für alle Eventualitäten vorbereitet bist?
Ich habe in der Tasche immer das, was ich brauche, um zu bezahlen. Den Schlüssel, den ich brauche, um wieder in mein Heim zu kommen und meistens entweder Kaugummi oder Zuckerl. Das war’s. Ahja … nein und natürlich das Handy ohne das ja heutzutage gar nichts mehr geht.
Gibt es eine Frage, die Du Ina Kent schon immer stellen wolltest?
Wie ist sie auf die Idee gekommen? Wie ist die erste Tasche entstanden? Nämlich die allererste – die hat sie ja am Anfang alle selber genäht. Ich bewundere ja Menschen, die ein Unternehmen gründen aus einer Idee heraus. Wodurch ist ihr klar geworden, dass diese Taschen so toll sind, dass sie sie jetzt verkaufen kann?
Hast Du ein Guilty Pleasure?
Viele und gar keines. Ich rauche hin und wieder Zigaretten. Ich bin so eine Party-Raucherin – rauche also mal mehr und dann aber wieder wochenlang nicht. Dann gibt es Phasen, in denen ich das Essen und den Genuß dem Sport vorziehe, um kurz darauf wieder konsequenter sein zu können. Alles eine Frage der Balance. Und ich shoppe gerne. Ich versuche auch, bewusst einzukaufen und heimische Designer zu unterstützen.
Fünf Menschen – lebendig oder tot – mit denen Du gerne Abendessen würdest?
Ich würde gerne mit John Lennon Abendessen. Wenn ich in der richtigen Stimmung bin, auch gerne mit dem Quantenphysiker Anton Zeilinger ... oder mit Donald Trump, um mir das einmal von der Nähe anzusehen. Eigentlich würde ich mit jedem und niemandem gerne Abendessen. Am liebsten aber mit meinem Mann.
Bier oder Spritzer?
Bier. Weil Wein lieber pur.
Sommer oder Winter?
Beides.
Morgen- oder Nachtmensch?
Kann ich nicht mehr beurteilen, denn mein Biorhythmus ist zu gestört. Ich habe den falschen Beruf, um diese Frage zu beantworten.
Beisl oder Hauben-Restaurant?
Beides.
Held oder Antiheld?
Eher Antiheld.
Stadt oder Land?
Beides. Ach, ich bin ganz schlecht bei sowas. Warum muss man sich immer entscheiden?