Wie empfinden Sie die österreichische Filmszene? Braucht man eine dicke Haut?
Ich denke, eine dicke Haut braucht man in jedem Beruf. Also auch in unserem Schauspiel-Beruf. Man darf nicht vergessen, wie viele Schauspieler*innen es allein bei uns in Österreich gibt. Da muss man ja eh schon froh sein, wenn man gut im Geschäft ist. Es gibt wahnsinnig viele gute Schauspieler*innen, die keine oder wenig Arbeit haben oder sich durchkämpfen müssen. So gesehen ist es natürlich besser, man entwickelt rasch eine speziell dicke Haut. Es gibt viele verschiedenste Aspekte, die nicht ganz leicht sind, glaube ich. Da ist einerseits dieses funktionieren müssen, was beim Film und beim Dreh überhaupt besonders stark ausgeprägt ist. Wenn es dann nicht immer perfekt läuft, kann es, glaube ich, für eine*n Schauspier*in schwierig sein. Manchmal ist es auch so, dass ein Produkt unglaublich gut ankommt. Dann denkt man sich, dass man es jetzt geschafft hat und es folglich auch finanziell besser werden müsste. Aber dann passiert oft genau das Gegenteil und man muss wieder einsparen und versteht oft die Welt nicht mehr.
"Oft ist es ja so, das habe ich in letzter Zeit immer häufiger erlebt, dass man uns Frauen vorwirft, wir seien Zicken und Konkurrentinnen. Aber ich sehe das im Film nirgends."
Dazu kommt, dass wir Frauen auf Produktions- und Regieebene noch immer unterrepräsentiert sind. Es wird sukzessive besser, es schaffen immer mehr Frauen in die Bereiche Produktion, Regie und Casting … was sehr, sehr wichtig ist. Hier existiert auch ein irrsinniger Zusammenhalt. Oft ist es ja so, das habe ich in letzter Zeit immer häufiger erlebt, dass man uns Frauen vorwirft, wir seien Zicken und Konkurrentinnen. Aber ich sehe das im Film nirgends. Auch im Theater nicht, hier ziehen alle Schauspielerinnen, egal welchen Alters, an einem Strang. So ist es mir auch bei den „Vorstadtweibern“ gegangen … da gab es überhaupt keine Zickereien oder dergleichen. Auch als Mirjam Unger oder Sabine Derflinger dazukamen, hat das alles wunderbar funktioniert. Das hatte auch eine gewisse Kraft … und diese Kraft wird hoffentlich weiterwachsen.
Was ist der weitverbreitetste Irrglaube in Bezug auf Ihr Berufsbild?
Von vornherein zu glauben, dass man damit das große Geld verdient. Da würde ich mal sagen, müssen sich alle, die das unbedingt wollen, ein bisschen zurückhalten. Also ich denke, das Wichtigste ist, dass man sich sagt: “Ich will das. Und ich kann gar nicht anders.“ Das klingt banal, aber die Leidenschaft für die Schauspielerei ist einfach wichtig.
Würden Sie persönlich diesen Weg noch einmal gehen?
Auf jeden Fall. Definitiv. Bei allen Höhen und Tiefen würde ich es niemals missen wollen.
Welcher Schauspielbereich ist für Einsteiger Ihrer Meinung nach am geeignetsten? Was würden Sie jungen Menschen empfehlen, die in den Beruf einsteigen möchte?
Oh, da gibt es unterschiedliche Wege. Darüber haben mein Partner und ich in letzter Zeit viel gesprochen, weil sowohl meine Tochter als auch seine Tochter in den Beruf einsteigen wollen. Meine Tochter ins Musical, Jürgens Tochter ins Schauspiel. Jetzt sind wir beide keine Schauspielschul-Absolvet*innen, also nicht aus einer Schauspielschule kommend, sondern sind beide Quereinsteiger gewesen, was funktionieren kann, wie man sieht. Es ist mittlerweile trotzdem so, dass ich, im Nachhinein betrachtet, jeder/jedem raten würde, eine Schauspielschule zu machen. Man kann sich noch ausprobieren, muss nicht sofort funktionieren. Es gibt einen behüteten Raum, in dem es möglich ist, Fehler zu begehen, das Miteinander zu erlernen, ein Netzwerk aufzubauen etc. Meine Tochter ist in einer Musicalschule in Hamburg, Jürgens Tochter im Reinhardt Seminar, die dreht auch schon nebenbei und beide versuchen jetzt, sich zu entdecken und etwas zu lernen. Das ist schon toll. Wenn man so jung ist, wie ich war und sofort in den Beruf einsteigt, kann es auch Vorteile haben, gleich in der Praxis zu arbeiten. Aber die erste Premiere bedeutet auch, dass die ersten Kritiker*innen, über einen urteilen werden. Heutzutage wird eh so viel beurteilt, egal ob es das Aussehen oder die Performance betrifft. Da finde ich es angenehmer, wenn man das noch ein paar Jahre ausprobieren darf, ohne fertiggemacht und beurteilt zu werden. Und natürlich auch um zu lernen, wie man mit Kritik umgehen kann.
Welche Unterschiede gibt es zwischen Fernseh-, Theater- und Filmschauspielerei und welche Rolle spielt für Sie dabei das Publikum?
Die direkte Interaktion mit den Menschen bzw. mit dem Publikum zu spüren … das ist schon ein tolles Gefühl. Wenn Du da oben auf der Bühne stehst und merkst, wie das Publikum reagiert, ob sie lachen, weinen oder eben an Deinen Lippen hängen. Deshalb möchte ich das Theater niemals missen. Insgesamt ist es schon sehr unterschiedlich – der Theater- und der Filmberuf, auch wenn sich beides Schauspiel nennt, bedarf es schon immer einer großen Umstellung. Im Film gibt es so viele Kleinigkeiten, die aber bereits viel erzählen können. Alles um einen herum trägt dazu bei, wie eine Geschichte erzählt wird. Zudem gibt es Dinge und Entscheidungen, auf die man gar keinen Einfluss hat. Wie zum Beispiel das Licht, der Schnitt, die Auflösung, der Soundtrack, der Ton … der fertige Film ist ein Produkt, das so viele Menschen mit beeinflussen. Wenn ich mich selbst im Fernsehen gesehen hab‘, gab es schon den einen oder anderen Schock-Moment, weil man das Ergebnis nachträglich ja nicht mehr beeinflussen kann. Ich dachte mir dann manchmal, dass ich doch einfach hätte nachfragen sollen, ob man noch zwei-drei Takes drehen hätte können. Das Gefühl, das dann bleibt, ist nicht sehr angenehm. Eine Theateraufführung kann jeden Tag anders sein – es gibt gute und schlechte Vorstellungen desselben Stücks. Am Drehtag muss man immer irgendwie perfekt sein, und das erfordert starke Disziplin und Konzentration. Ich bin schon eine, die sich ganz gerne Zeit nimmt für meine Rollen … ich probiere gerne herum und schau‘, was alles möglich ist. Aber das geht beim Film nicht immer. Da muss man sich bereits zuvor ein Konstrukt selber aufgebaut haben und ganz genau wissen, was man mit seiner Figur erzählen will.