Brigitte R. Winkler schreibt seit über 40 Jahren über Mode. In ihren Kolumnen, die die mittlerweile pensionierte Journalistin und Autorin für den Kurier, das Coffee Table Book Aurum 999,9 oder den Dorotheum-Blog schreibt, geht es um viel mehr als um die Trends der Saison oder darüber, was man gerade tragen „darf“ oder auch nicht – das zu beurteilen obliege ihr ohnedies nicht, denn sie sei ja nicht die „Chefin der Welt“. Im Dialog mit Brigitte Winkler erfährt man schnell: In den vielen Jahrzehnten, in welchen sie von Saison zu Saison an allen internationalen Modemessen teilnahm, ist ihr selten etwas entgangen. Ihre Perspektive auf die Mode ist vielmehr ein sozialkritischer und phänomenologischer Rundumblick, der uns dabei helfen kann, die Dinge auf der Welt besser zu verstehen. Als wir Brigitte Winkler – samt ihrer INA KENT-Täschchen – treffen, sprechen wir stundenlang über die Mode und eben alles, was dazugehört.
Befragt man das World Wide Web über das Leben der Brigitte R. Winkler, erfährt man auf Anhieb, dass Sie nicht nur Bewunderin, sondern auch eine gute Freundin Helmut Lang sind. Zudem existieren mehrere Bilder von Ihnen und Karl Lagerfeld – das sind große Namen, die teilweise paradigmatisch für vergangene Modejahrzehnte waren. Können Sie ein Urteil darüber abgeben, ob es auch in diesem Jahrzehnt solch ikonische Designer*innen geben wird?
Es kommen immer neue, vielversprechende Namen auf. Wenn sich also die ganze Modewelt auf einen Namen stürzt, hat das meistens einen Grund – Karl Lagerfeld oder auch Virgil Abloh waren zum Beispiel großartige Künstler, die Gefühle und Bedürfnisse vorwegnehmen. Sie kreierten Mode, die nicht nur zu einer Modeerscheinungen führten, sondern Dinge, die uns noch lange Zeit begleiten werden.
Das Schwierigste ist in der Mode aber immer, das Rad neu zu erfinden. Es geht nicht darum, wie man die Mode noch bunter und auffallender gestalten kann. Es geht darum, zu spüren und zu erahnen, was die Welt jetzt braucht. Ein*e Modeschöpfer*in, an die / den man sich auch in Jahrzehnten noch erinnern wird, muss der Zeit voraus sein. Und das gelingt nur wenigen, denn an der Spitze der Modepyramide ist nicht viel Platz. Wenn es wieder einmal heißt „die 80er-Jahre sind jetzt wieder modern“, muss ich irgendwie lachen. Es ist ja nicht so, dass die Mode eines Jahrzehntes bloß so wieder modern wird – momentan brauchen wir wieder die breiten Schultern, um diese furchtbare Pandemie zu ertragen. Was ich damit sagen will, es geht in der Mode immer darum, ein Lebensgefühl zum Ausdruck zu bringen. Es kommt nur selten vor, dass die Werbung oder Influencer*innen maßgebende Trends vorgeben. Ein guter Designer spürt einfach, was uns Menschen zu einer bestimmten Zeit ausmacht. Und wir Menschen sind nicht blöd. Wir suchen dieses Gefühl dann auch in der Mode wieder, denn so drücken wir uns aus. Mode hat unmittelbar etwas mit uns zu tun, sie ist unsere zweite Haut.