Wie viele andere Frauen hast Du selbst keine Kinder. Wie empfindest Du die „Institution Muttertag“ und das allgemeine Drumherum, das anlässlich dieses Tages gemacht wird?
Ich glaube schon, dass es für viele Mütter wichtig ist, dass sie an diesem Tag gefeiert werden. Aber generell ist es doch so, dass primär die Wirtschaft davon profitiert – Blumenhändler, Gastronomie, sonstige Unternehmen. Selbst in einem Handelsbetrieb tätig, finde ich das wirtschaftlich gesehen natürlich gut und wichtig. Ich glaube aber schon, dass es für viele Frauen auch ein sehr sensibles Thema ist. Wochen vor dem Muttertag dreht sich werblich gesehen alles um Aktionen und Geschichten rund um diesen Tag. Wenn man selbst einen großen Kinderwunsch verspürt, der – warum auch immer – nicht erfüllt wird, dann kann ich mir vorstellen, dass all die Kommunikation und die große Gewichtung dieses Tages für manche herausfordernd oder traurig sein kann. Wie gesagt, ich finde es wirklich gut und wichtig, dass Mütter gewürdigt werden. Noch schöner wäre es, wenn es laufend ist und sich nicht nur auf einen Tag fokussieren würde. Sie leisten so viel und haben oft in der Gesellschaft nicht die gebührende Anerkennung. Auch finanziell. Bei INA KENT hat das Thema Muttertag nicht diese klassische Bedeutung. Es gibt keine speziellen Aktionen und das ist für mich persönlich neu – im Vergleich zu anderen Unternehmen, in denen ich gearbeitet habe – aber ich finde das wirklich gut. Es ist eines jener Themen, bei denen INA KENT einen eigenen, ganz bewussten Weg geht. Und wenn man weiß, dass der Hintergrund dafür in der Tatsache liegt, einfach bei diesen klassischen handelsbezogenen Metathemen, die es laufend unter dem Jahr gibt, nicht mainstreamig mitlaufen zu wollen, dann ist das für mich ein gutes Zeichen, hinter dem ich voll und ganz stehe.
Welche Bedeutung hat das Thema „Mutter sein“ aus Deiner Sicht in der heutigen Gesellschaft?
Ich kann nicht einschätzen, ob sich in der nächsten Generation – also den jüngeren Müttern – etwas verändert hat, aber in meiner Generation war es schon so, dass das Thema „Kinder bekommen, eine Familie gründen, heiraten“ sehr großgeschrieben wurde. Mein Vater – er war schon älter, 46 Jahre, als ich auf die Welt kam – hatte sehr klare Vorstellungen, wie es zu sein hat: Einen prestigeträchtigen Beruf ausüben, heiraten, Kinder bekommen. Diesen Wunschvorstellungen haben weder mein Bruder – er wurde Pfarrer – noch ich entsprochen. Zumindest teilweise nicht. Papa hätte meinen Bruder lieber als Anwalt gesehen, bei mir ging es um die Themen heiraten und Kinder bekommen. Ich glaube, dass das ein sehr großer unerfüllter Wunsch für ihn war. Als Teenager bzw. auch noch Anfang 20 wollte ich unbedingt Kinder. Drei. Ich kann mich erinnern, dass ich mit Anfang/Mitte 20 auf einer Hochzeit war. Das Paar wollte keine Kinder. Vor allem die Frau. Ich weiß noch genau, dass ich dafür überhaupt kein Verständnis hatte und das richtig schlimm fand – im Sinne von „wie kann es sein, dass eine Frau keine Kinder möchte?“ Heute denke ich ganz anders darüber. Mit Anfang 30 habe ich begonnen, das Thema Kinder für mich persönlich zu hinterfragen. Also ob ich wirklich Kinder haben möchte oder ob das einfach aus einem gesellschaftlichen (oder auch familiären) Druck heraus ist. Und ich merkte immer mehr, dass ich einfach keinen richtigen Wunsch für eigene Kinder verspürte. Ich bin heute noch immer sehr dankbar, dass es meine Entscheidung war, diesen Weg so zu gehen und diesen Kinderwunsch nicht hatte, der in Folge vielleicht unerfüllt geblieben wäre. Ich hatte auch großes Glück, als ich vor 10 Jahren einen Partner gefunden habe, der ebenfalls keine Kinder hatte und in Bezug auf Kinder bekommen die gleiche Einstellung wie ich hatte. Ich habe zwei Patenkinder, mit denen ich sehr viel Zeit verbrachte, als sie ein Baby bzw. Kleinkind waren. Das war mir immer wichtig und ich hatte große Freude, wenn sie über das Wochenende oder auch mal mehrere Tage bei mir waren. Aber es war dann auch wieder gut, als sie von ihren Eltern übernommen wurden. Mein großes Patenkind ist übrigens Helena, die auch in dieser Story vorkommt. Ich hoffe und würde mir wünschen, dass dieses Selbstverständnis nach „man muss heiraten und Kinder bekommen“ in der Generation nach mir schon liberaler gehandhabt wird und nicht mehr diese starren und großen Erwartungen seitens der Eltern mitgegeben werden. Es wäre so wichtig, dass junge Frauen nicht laufend mit Fragen rund um das Thema Kinder bekommen konfrontiert werden. Natürlich haben Eltern eine gewisse Vorbildfunktion inne und daher machen diese Vorstellungen „wie ein Leben zu sein hat“ und die Fragen rund um den Zeitpunkt des Kinderkriegens etwas mit einem. Wenn hier der Umgang offener ist, dann ist es aus meiner Sicht für junge Frauen einfacher, die Frage zum gegebenen Zeitpunkt für sich selbst zu entscheiden – und nicht Dritter wegen.