Barbara Goldschmidt, COO bei INA KENT

Auch wenn wir Dich im Team bei uns gut kennen, kannst Du Dich in ein paar Sätzen vorstellen?

Ich bin Barbara, im März 51 geworden und arbeite seit Juni 2019 bei INA KENT. In meiner Funktion als COO bin ich primär für die Bereiche Human Resources, Finanz, Marketing & Communications sowie die stetige Professionalisierung interner Unternehmensstrukturen verantwortlich.

Am 8. Mai wird der jährliche Muttertag gefeiert. Du hast keine Kinder – welche Bedeutung hat dieser Tag für Dich persönlich?

Seit ein paar Jahren ist dieser Tag anders. Ich habe keine Kinder und meine Mutter ist leider im Jänner 2016 verstorben. Daher kann ich an diesem Tag niemanden „aktiv“ feiern. Für mich hat dieser Tag aber seit Muttis Tod irgendwie noch mehr Bedeutung gewonnen. Als Mutti noch lebte, war ich auch in diesem Kreislauf, dass dieser Tag gefeiert werden „muss“. Natürlich habe ich das auch gerne gemacht, aber für mich war es immer wichtiger, auch unter dem Jahr guten Kontakt zu Mutti zu haben und daher hat sich das „Danke“ und Feiern für mich nicht so auf diesen einen Tag konzentriert. Seitdem Mutti tot ist, verspüre ich viel mehr Liebe und Verbindung zu Mutti – ich bin ihr emotional an diesem Tag viel näher als früher, auch wenn sie nicht mehr da ist. Das empfinde ich als etwas sehr Schönes – weil das doch irgendwie der Kern vom Muttertag ist. Für Mutti hatte dieser Tag auch nicht diese große Bedeutung. Es ging ihr vielmehr um den laufenden Kontakt als um das hochleben lassen am Muttertag. Heuer ist es überhaupt besonders, weil Mutti am 8. Mai auch Geburtstag hat.

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INA KENT meets Barbara Goldschmidt
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"Aber generell ist es doch so, dass primär die Wirtschaft vom Muttertag profitiert – Blumenhändler, Gastronomie, sonstige Unternehmen."

Wie viele andere Frauen hast Du selbst keine Kinder. Wie empfindest Du die „Institution Muttertag“ und das allgemeine Drumherum, das anlässlich dieses Tages gemacht wird?

Ich glaube schon, dass es für viele Mütter wichtig ist, dass sie an diesem Tag gefeiert werden. Aber generell ist es doch so, dass primär die Wirtschaft davon profitiert – Blumenhändler, Gastronomie, sonstige Unternehmen. Selbst in einem Handelsbetrieb tätig, finde ich das wirtschaftlich gesehen natürlich gut und wichtig. Ich glaube aber schon, dass es für viele Frauen auch ein sehr sensibles Thema ist. Wochen vor dem Muttertag dreht sich werblich gesehen alles um Aktionen und Geschichten rund um diesen Tag. Wenn man selbst einen großen Kinderwunsch verspürt, der – warum auch immer – nicht erfüllt wird, dann kann ich mir vorstellen, dass all die Kommunikation und die große Gewichtung dieses Tages für manche herausfordernd oder traurig sein kann. Wie gesagt, ich finde es wirklich gut und wichtig, dass Mütter gewürdigt werden. Noch schöner wäre es, wenn es laufend ist und sich nicht nur auf einen Tag fokussieren würde. Sie leisten so viel und haben oft in der Gesellschaft nicht die gebührende Anerkennung. Auch finanziell. Bei INA KENT hat das Thema Muttertag nicht diese klassische Bedeutung. Es gibt keine speziellen Aktionen und das ist für mich persönlich neu – im Vergleich zu anderen Unternehmen, in denen ich gearbeitet habe – aber ich finde das wirklich gut. Es ist eines jener Themen, bei denen INA KENT einen eigenen, ganz bewussten Weg geht. Und wenn man weiß, dass der Hintergrund dafür in der Tatsache liegt, einfach bei diesen klassischen handelsbezogenen Metathemen, die es laufend unter dem Jahr gibt, nicht mainstreamig mitlaufen zu wollen, dann ist das für mich ein gutes Zeichen, hinter dem ich voll und ganz stehe.

Welche Bedeutung hat das Thema „Mutter sein“ aus Deiner Sicht in der heutigen Gesellschaft?

Ich kann nicht einschätzen, ob sich in der nächsten Generation – also den jüngeren Müttern – etwas verändert hat, aber in meiner Generation war es schon so, dass das Thema „Kinder bekommen, eine Familie gründen, heiraten“ sehr großgeschrieben wurde. Mein Vater – er war schon älter, 46 Jahre, als ich auf die Welt kam – hatte sehr klare Vorstellungen, wie es zu sein hat: Einen prestigeträchtigen Beruf ausüben, heiraten, Kinder bekommen. Diesen Wunschvorstellungen haben weder mein Bruder – er wurde Pfarrer – noch ich entsprochen. Zumindest teilweise nicht. Papa hätte meinen Bruder lieber als Anwalt gesehen, bei mir ging es um die Themen heiraten und Kinder bekommen. Ich glaube, dass das ein sehr großer unerfüllter Wunsch für ihn war. Als Teenager bzw. auch noch Anfang 20 wollte ich unbedingt Kinder. Drei. Ich kann mich erinnern, dass ich mit Anfang/Mitte 20 auf einer Hochzeit war. Das Paar wollte keine Kinder. Vor allem die Frau. Ich weiß noch genau, dass ich dafür überhaupt kein Verständnis hatte und das richtig schlimm fand – im Sinne von „wie kann es sein, dass eine Frau keine Kinder möchte?“ Heute denke ich ganz anders darüber. Mit Anfang 30 habe ich begonnen, das Thema Kinder für mich persönlich zu hinterfragen. Also ob ich wirklich Kinder haben möchte oder ob das einfach aus einem gesellschaftlichen (oder auch familiären) Druck heraus ist. Und ich merkte immer mehr, dass ich einfach keinen richtigen Wunsch für eigene Kinder verspürte. Ich bin heute noch immer sehr dankbar, dass es meine Entscheidung war, diesen Weg so zu gehen und diesen Kinderwunsch nicht hatte, der in Folge vielleicht unerfüllt geblieben wäre. Ich hatte auch großes Glück, als ich vor 10 Jahren einen Partner gefunden habe, der ebenfalls keine Kinder hatte und in Bezug auf Kinder bekommen die gleiche Einstellung wie ich hatte. Ich habe zwei Patenkinder, mit denen ich sehr viel Zeit verbrachte, als sie ein Baby bzw. Kleinkind waren. Das war mir immer wichtig und ich hatte große Freude, wenn sie über das Wochenende oder auch mal mehrere Tage bei mir waren. Aber es war dann auch wieder gut, als sie von ihren Eltern übernommen wurden. Mein großes Patenkind ist übrigens Helena, die auch in dieser Story vorkommt. Ich hoffe und würde mir wünschen, dass dieses Selbstverständnis nach „man muss heiraten und Kinder bekommen“ in der Generation nach mir schon liberaler gehandhabt wird und nicht mehr diese starren und großen Erwartungen seitens der Eltern mitgegeben werden. Es wäre so wichtig, dass junge Frauen nicht laufend mit Fragen rund um das Thema Kinder bekommen konfrontiert werden. Natürlich haben Eltern eine gewisse Vorbildfunktion inne und daher machen diese Vorstellungen „wie ein Leben zu sein hat“ und die Fragen rund um den Zeitpunkt des Kinderkriegens etwas mit einem. Wenn hier der Umgang offener ist, dann ist es aus meiner Sicht für junge Frauen einfacher, die Frage zum gegebenen Zeitpunkt für sich selbst zu entscheiden – und nicht Dritter wegen.

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INA KENT meets Barbara Goldschmidt
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Welche Werte sind Dir von Deiner Mutter mitgegeben worden, was wäre Dir wichtig, wenn Du eigene Kinder hättest?

Mutti hatte eine Druckerei und war bereits wenige Tage nach meiner Geburt wieder voll im Einsatz. Gleichzeitig habe ich aber nicht das Gefühl, dass ich in meiner Kindheit etwas vermisst habe. Sie war trotzdem irgendwie immer da. Dass sie das möglich gemacht hat, finde ich wirklich bewundernswert. Sie hat es einfach großartig geschafft, eine Kombination aus liebevoller und sehr herzlicher Mutter, gepaart mit einer gleichzeitig unglaublichen Konsequenz, zu leben. Sie war nicht streng im Sinne von „ernst“, sondern sie hat es durch liebevolles, konsequentes Vorgehen geschafft, dass ich mich nie getraut hätte, gewisse Dinge zu tun. Ich habe nie Schule geschwänzt und hätte niemals eine Unterschrift gefälscht. Gleichzeitig konnte ich aber immer offen mit Mutti reden und sie stand immer hinter mir und hat mein Vorgehen – auch in der Schule – verteidigt. Ich war eher vorlaut und Mutti war es wichtig, dass ich meine Meinung sage, weil sie das von ihrer Mutter nie mitbekommen hat, also für sich einzustehen und die Meinung zu sagen. Daher wollte sie das jedenfalls bei mir fördern. Ich denke, diese Kombination aus liebevollem Umgang und Konsequenz wäre mir sehr wichtig, wenn ich eigene Kinder hätte.

Du lebst „nur“ in einer Partnerschaft, also ohne Kinder, die den Alltag schnell ausfüllen können. Was zählt für Dich und was sind die Themen, für die Du brennst?

Mein Partner bzw. unsere gemeinsame Basis ist jedenfalls von zentraler Bedeutung für mich. Uns verbinden die gleichen Interessen, wir reden und lachen viel. Auch nach 10 Jahren. Und das ist so ungemein wichtig für mich. Auch wenn ich generell ein Mensch bin, der gerne alleine ist, möchte ich das keinesfalls missen. Die Arbeit nimmt sicherlich einen sehr großen Teil in meinem Leben ein. Aber ich habe wirklich täglich Freude daran und daher fühlt es sich für mich nicht wie „Arbeit“ an. Es motiviert und freut mich, Themen weiterzubringen und die Früchte zu sehen, wenn man Veränderungen lanciert und Dinge in Bewegung bringt. Tennis ist ein großer und wichtiger Bestandteil in meinem Leben geworden. Mein Freund und ich haben vor vier Jahren wieder zu spielen begonnen – am Wochenende drei bis vier Stunden. Im Urlaub noch mehr. Großartig! Meine FreundInnen sind sehr wichtig für mich. Ich liebe Gespräche, die nicht oberflächlich sind, zu erfahren, was sie bewegt oder gemeinsame Kurzurlaube. Das ist seit der Pandemie leider nicht mehr im gewohnten Umfang möglich, aber wir haben nach und nach neue Möglichkeiten gefunden, um Treffen zu ermöglichen oder im Austausch zu bleiben. Und dann ist da nicht zuletzt mein Bruder, den ich zwar nicht ganz so oft sehe, zu dem ich aber vor allem seit dem Tod meiner Eltern eine noch viel stärkere emotionale Bindung habe.

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